Tief und festschläft das Tier, denn auch als Pflegedienstleiterin Schwester Johanna Dietzsie mit Namen anspricht, reagiert sie nicht. "Na, Kilian, willst Du nichtaufwachen?" fragt Schwester Johanna noch einmal. Ganz langsam öffnetKilian die Augen, hebt langsam den Kopf und schaut mit den großen Kulleraugenin die Richtung der Schwester. Ein leises Fiepen ist zu hören. Man meint dieweiße Robbe genießt sogar die Streicheleinheiten von Anja Karlein. Aber, sagtSchwester Johanna, es ist natürlich keine echte Robbe, sondern ein Stofftier,das besonders Demenzkranke anspricht.
Es ist mitzahlreichen Sensoren ausgestattet und reagiert sogar auf Stimmen, kann aberauch Hell und Dunkel unterscheiden. Seine großen Kulleraugen beeindrucken nichtnur die Menschen mit Demenz, sondern nehmen jeden regelrecht gefangen, den dieRobbe Kilian anschaut. In der Sozialstation St. Kilian wird die Robbe vor allemeingesetzt, um das Gedächtnis der Demenzkranken zu aktivieren und die Erinnerungwach zu halten. So erzählen sie der Robbe Kilian von früher, wie sie ihreKindheit und Jugend erlebten, was sie arbeiteten und wie das alles einmal sowar. Auf ein Streicheln antwortet Kilian mit Bewegungen und Geräuschen. Gehtman grob mit ihr um, meckert und klagt die weiße Robbe auch schon mal. Kurzgesagt: Kilians Verhalten hängt direkt davon ab, wie Menschen ihr begegnen
Ein leisesFiepen lässt mich wieder den Blick auf Kilian werfen, der mich mit seinenKulleraugen anschaut, gleichzeitig sich aber wohlig räkelt. "Er ist haltauch ein Schmuser", erklärt Schwester Johanna. Während sie das sagt drehtRobbe Kilian den Kopf in ihre Richtung und verstärkt sogar das Fiepen, das demeiner echten Robbe nachempfunden ist. Vor allem auch bei Wachkomapatienten wirddie Robbe eingesetzt. "Wir legen sie dann aufs Bett und die Hand derPatientin auf die Robbe, alleine dadurch reagiert dann Kilian schon." LiegtKilian bei ihnen, werden die Betroffenen ruhiger, sprechen besänftigend auf dasPlüschtier ein. Kilian, die Robbe schafft Ablenkung und durchbricht wieselbstverständlich Barrieren, die viele ältere Menschen um sich herum aufgebauthaben. Mit diesen biographischen Daten kann das Pflegepersonal besser auf sieeingehen. Die durch Kilian entstandene Entspannung erleichtert darüber hinausden Alltag.
Nicht langemuß man raten, warum denn die Robbe den Namen Kilian bekommen hat. "Ganzeinfach. Unsere Station heißt Sankt Kilian und so war es eigentlich schnellklar, daß die Robbe Kilian genannt werden soll. Sie ist ein Therapiegerät, aberdoch ein bißchen mehr, sagen Schwester Johanna und Anja Karlein. Die Robbe bewegt sich in diesem Augenblickund es hat fast den Anschein, daß sie Körperkontakt sucht. "Das istkorrekt, Kilian will auch Aufmerksamkeit für sich haben und weiß, wie man dasanstellt", erklärt die Teamleiterin der Pflegeentlastungstage. Kilian ist übrigens 55 Zentimeter lang und bringtimmerhin 2,7 Kilogramm auf die Waage. Sie wurde 1993 vom japanischen IngenieurTakanori Shibata entwickelt. Anfangs hätte die Roboter-Robbe lediglich einSpielzeug sein sollen, aber mit der Zeit mauserte sich das Plüschtier zu einemTherapie-Gerät. Wenn man die Robbe drückt oder streichelt verändert sich dasVerhalten des Roboters. So gibt Kilian wohlige Laute von sich wenn ergestreichelt wird. Übrigens: Robbe Kilian muss auch gepflegt werden. So fordertsie zu gewissen Tageszeitungen Schlaf und will auch sonst beschäftigt werden.Außerdem erinnert sich Kilian an frühere Begegnungen und merkt sich den Namen. Weltweitwurden bisher 1700 Therapierobben verkauft.