Als Mitglied des noch jungen Ausschusses für Gesundheit und Pflege war es dem Landtagsabgeordneten ein Anliegen, diese Praxiseindrücke zu bekommen, um zu wissen, wie es an der Basis läuft. Schnell war er sich mit Angelika Ochs, Geschäftsführerin der Kreiscaritas, einig, dass er in der Mellrichstädter Sozialstation sein „Praktikum“ absolvieren wird – und er hatte sich dafür viel Zeit genommen. Überpünktlich traf Vogel am Morgen um 8.30 Uhr im Lohweg ein. In einer Teambesprechung wurde er auf die Tagesaufgaben vorbereitet und hatte dabei im Gespräch gleich die Möglichkeit, Einblicke in die ambulante Pflege zu erhalten.
Aktuelle Themen wie Ausbildung und Ausbildungsumlage, Kernzeiten und Nachtwachenschlüssel, Pflegekammer, Finanzierung der Pflege oder auch Zukunftsaussichten wurden mit Einrichtungsleiterin Johanna Dietz, Qualitätsbeauftragter Ulrike Feder und den Teamleitungen für die Bereiche Rhön, Elstal und Mellrichstadt angesprochen.
Mit Teamleiterin Petra Hofmann ging es anschließend ins Auto und zu Klienten in Mittelstreu und Mellrichstadt. „Ich hatte den Eindruck, das hat er nicht zum ersten Mal gemacht“, zeigte sich Hofmann mit ihrem Begleiter sehr zufrieden. Drei Haushalte mit insgesamt vier zu betreuenden Personen wurden besucht. Dabei konnte Vogel in die tägliche Arbeit hineinschnuppern, bei der besonders Körperpflege und Medikamentengabe gefragt sind.
Wahrscheinlich noch wichtiger ist aber der soziale Kontakt mit den alten Menschen. „Es ist schön zu sehen, wie ältere Leute sich freuen, dass jemand kommt“, resümierte Vogel. Oftmals seien die Besuche der Pflegerinnen und Pfleger die einzige Form von sozialem Kontakt, den die Menschen haben, bestätigten ihm die Mitarbeiterinnen der Sozialstation
„Ich weiß nicht, ob man das alles nach Stoppuhr messen kann“, stellte Vogel fest und spielte damit auf die festgeschriebenen Zeiten, etwa für die Medikamentengabe, an. Eine der wichtigsten Leistungen sei die Kommunikation mit dem Patienten, die Kasse finanziere aber eben „nur die Tabletten“. Die ambulante Pflege bei den Menschen zu Hause werde in Zukunft eine der „größten Herausforderungen“, besonders im ländlichen Raum. Man solle nicht glauben, dass die Leistungen ohne größere finanzielle Möglichkeiten aufrechterhalten werden könne, bilanzierte der Abgeordnete.
Ob die im Pflegestärkungsgesetz vorgesehenen Anhebungen ausreichen, bezweifelte Vogel. Es brauche den Mut, die Beiträge auch deutlicher anzuheben, so dass mehr Geld im System zur Verfügung stehe. Bisher hätten neue Gebührenordnungen aber höchstens Verschiebungen und einen erhöhten Verwaltungsaufwand zur Folge. Auch weil Krankenkassen nur zögerlich Leistungen übernähmen und oft „dreimal nachrechnen“, wie Dietz und Feder sagten.
Ein zweites großes Anliegen war das Thema Ausbildung. Vogel sah hier Nachholbedarf in Sachen Image des Pflegeberufs. „Der eine bedient Maschinen, der andere Menschen.“ Es sei nicht nachvollziehbar, warum der eine Beruf mehr Wertschätzung erfahre als der andere. Zudem gebe es im sozialen Bereich gute Aufstiegsmöglichkeiten. Dies sollte auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.„Pflege sei sicherlich anstrengend, spende aber auch Freude und Glücksgefühle, wenn man bemerke, dass man anderen helfen kann, fasste Vogel zusammen. Dies konnten alle anwesenden Frauen durch die Bank bestätigen. Sie würden alle wieder diesen Beruf wählen. Eher als „Bärendienst“ betrachtete Vogel in diesem Zusammenhang die Generalisierung der Pflegausbildung. „Wir brauchen die Leute draußen. Die ambulante Pflege stärken heißt die Ausbildung zum Altenpfleger stärken“, fasste Ochs zusammen.
„Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, ich habe viele gute Einblicke gewonnen und bin mir sicher, dass der Bedarf an solchen Dienstleistungen in Zukunft deutlich steigen wird“, fasste Steffen Vogel seine Eindrücke zusammen. Sozialstation wie St. Kilian seien damit auch „Stabilitätsstützen“, weil sie eine Versorgung sicher stellten, die im ländlichen Raum immer schwieriger zu erhalten sei. Für ihre tägliche Arbeit sprach er den Mitarbeitern ein großes Kompliment aus. Vogels letzte „Amtshandlung“ im Zuge seines Rollentauschs war die Leitung der täglichen Zeitungsrunde im Zuge des Pflegeentlastungstages. Ausführlich las er aus der Heimatzeitung aktuelle Berichte vor und kam auch immer wieder mit den Menschen ins Gespräch.